Levned |
- Marcus Schlesinger was born in Hamburg, Germany in 1880. Prior to WWII he lived in Hamburg, Germany. During the war he was in Minsk, Belorussia (USSR).
Marcus was murdered in the Shoah
(Stolpersteine, uddrag): Marcus Schlesinger, Esters Vater, besuchte bis zur Obersekunda-Reife die Talmud-Tora-Realschule in Hamburg und begann nach seiner Schulzeit eine dreijährige kaufmännische Lehre bei dem im Stadtzentrum Hamburgs gelegenen Papierwaren- und Bürowaren-Engrosgeschäft "Steindorff & Co." (Admiralitätstraße 14). Als er seine Lehre erfolgreich abgeschlossen hatte, arbeitete er dort noch einige Jahre als Angestellter, bis er im Jahre 1906 die Firma übernahm und ihren Namen in "Steindorff & Co. Nachfolger" änderte. Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs musste Marcus Schlesinger seine selbstständige Tätigkeit unterbrechen und zog wie 100.000 andere deutsche Juden auch für das Deutsche Reich in den Krieg". ... "Zunächst verlor das Papier- und Bürowarengeschäft des Vaters durch die Boykottaufrufe deutlich an Kunden, sodass die Familie zunehmend in eine finanzielle Notlage geriet. Olga Schlesinger beobachtete, wie die Anspannung über die prekären finanzielle Verhältnisse ihrem Vater tagtäglich anzusehen waren: "Jeden Morgen sehen wir, daß unser Vater fastet, und ganz blass ist. Er ging hinaus viel später als gewöhnlich, mittags kam er mit zerstörtem Gesicht und betete und sagte nichts. […] Ich denke daß er Schulden hatte, oder Miete nicht gezahlt hat." Olga vermutet heute, dass ihr Vater irgendwann statt zu seinem Geschäft in die Synagoge ging, um aus den heiligen Schriften zu lernen. Schließlich musste Marcus Schlesinger 1936 sein Geschäft "Steindorff & Co. Nachfolger" in die eigene Wohnung in die Heinrich-Barth-Straße verlegen, doch auch hier verlief der Verkauf schleppend. Henriette Schlesinger versuchte in dieser Zeit ihren Schmuck zu versetzen. Die Stimmung in der Familie beschreibt Olga Schlesinger als bedrückend: "Die Atmosphäre im Haus war traurig. Wir Kinder fanden Trost dadurch daß wir Bücher lasen und von anderem Leben träumten." ..."Nach den Novemberpogromen 1938 musste Marcus Schlesinger sein Geschäft "Steindorff & Co. Nachfolger" endgültig aufgeben und Ester und ihre Familie zogen in die Rutschbahn 25a (Haus II)." ... "Kurz darauf, wahrscheinlich am 6. November 1941, bekamen Marcus, Henriette, David und Ester Schlesinger einen "Evakuierungsbefehl", wie der Deportationsbefehl beschönigend hieß. In diesem wurde die Familie angewiesen, sich am 7. November in der "Provinzialloge für Niedersachsen" (Logenhaus) in der Moorweidenstraße einzufinden. Beigelegt wurde auch eine Vermögenserklärung und eine Liste zur Bestandsaufnahme des Besitzes, die sie auszufüllen hatten. Im Logenhaus mussten Ester und ihre Familie zusammen mit anderen Hamburger Juden noch eine weitere Nacht ausharren. Die jüdische Gemeinde hatte hierzu die leeren Säle mit Betten und Stroh ausgestattet und heiße Bohnensuppe, Tee und Brote verteilt, um die letzte Nacht in Hamburg zumindest ein wenig erträglicher zu machen. Am nächsten Morgen wurde die Familie Schlesinger zusammen mit den anderen Hamburger Juden von der Moorweidenstraße in geschlossenen Polizeiwagen von der Hamburger Gestapo zu einem Güterbahnhof gebracht. Am 8. November 1941 wurde Ester Schlesinger zusammen mit ihren Eltern und ihrem Bruder David nach Minsk deportiert. Für das letzte Quartal im Jahr 1941 bezahlte die Familie Schlesinger für ihre 3-Zimmer-Wohnung noch 135 Reichsmark Festmiete (ca. 540 Euro), obwohl sie bereits Anfang November ihre Wohnung verlassen musste. Der restliche Hausrat der Familie Schlesinger wurde von einer Dienststelle des Oberfinanzpräsidenten beschlagnahmt und später versteigert.
Die Fahrt nach Minsk dauerte drei Tage und drei Nächte. Der Reiseproviant, den die jüdische Gemeinde ausgeteilt hatte, war schnell aufgebraucht, Wasservorräte gingen zu neige, und die Heizung funktionierte nicht. Erst am späten Abend des 11. Novembers 1941 lief der Transport mit den Hamburger Juden im Minsker Güterbahnhof ein. Ester und ihre Familie mussten mit den restlichen Insassen noch eine weitere Nacht in den überfüllten Waggons verbringen, bevor die SS- und Polizeiangehörige die Hamburger Juden um fünf Uhr morgens aus den Waggons trieb. Auf dem Weg ins Getto sahen die Ankömmlinge Minsk als eine vom Krieg gezeichnete und in Trümmern liegende Stadt. Da die Hamburger Juden die ersten der sogenannten reichsdeutschen Juden waren, die im Minsker Getto eintrafen, stießen sie sogleich nach ihrer Ankunft auf die Spuren eines Massenmordes. Heinz Rosenberg, ein Hamburger Jude, der sich in demselben Transport wie Ester und ihre Familie befand, berichtete später darüber: "Wir erhielten den Befehl, das rote Gebäude sofort auszuräumen. Als wir das Haus betraten, erwartete uns ein zweiter entsetzlicher Eindruck von Minsk: Hundert Leichen bedeckten den Boden [...] Überall war Blut, und auf den Öfen und Tischen stand noch das Essen." Hierzu muss man wissen, dass die SS und die Polizei zwischen dem 6. November und dem 11. November 1941 über 6.000 weißrussische Juden aus dem Minsker Ghetto liquidiert hatten, um Platz für die bald eintreffenden "Reichsjuden" zu schaffen, und deren Leichen von den Hamburger Juden dann entfernt werden mussten. Ende 1941 wurden die mit Stacheldraht umzäunten "Sonderghettos" I und II errichtet, in denen die "Reichsdeutschen Juden" untergebracht werden sollten.
Ester und ihre Familie kamen ins "Sonderghetto I", in dem deutsche Juden aus Hamburg, Düsseldorf und Frankfurt eingesperrt wurden. Doch was genau in Minsk mit Ester, ihren Eltern und ihrem Bruder David geschah, lässt sich bisher nicht rekonstruieren. Sie alle gelten offiziell als "Verschollen in Minsk", was bedeuten kann, dass sie entweder an Unterernährung, der Kälte des Winters 1941/42, den katastrophalen hygienischen Verhältnissen und den damit verbundenen Krankheiten und Seuchen gestorben sein könnten. Sie könnten aber auch ab Frühjahr 1943 in den ständigen Selektionen zur Ermordung aussortiert und bei Maly Trostinez entweder erschossen oder in Gaswagen erstickt worden sein".
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